DIE WELT
Wie sich die Eishockey-Liga gegen wirtschaftliche Risiken absichern will
von Daniel Stolpe
Berlin - An Detlef Kornett war offensichtlich die undankbare Aufgabe hängengeblieben, mit den Zukunftsplänen der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) an die Öffentlichkeit zu gehen. Also sagte der Europa-Beauftragter der Anschutz Entertainment Group (AEG) und Mitglied des DEL-Aufsichtsrats: "Das positive Gesamterscheinungsbild der DEL wird nur getrübt durch die Probleme, die Aufstieg und Abstieg mit sich bringen. Die gesamte Liga wird dadurch zeitweise destabilisiert. Den vermeintlichen Vorteil, durch dieses Format herausragendes Publikumsinteresse zu generieren, habe ich nicht gesehen."
Die DEL erwägt daher die Rückkehr zu einem geschlossenen System. DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke versuchte vergeblich, die aufgekommenen Irritationen herunterzuspielen: "Es ist nur ein Gedankenspiel, aber wir müssen ernsthaft untersuchen, ob der wirtschaftliche Nutzen einer solchen Entscheidung einen möglichen Verlust von Zuschauern nicht deutlich aufwiegt."
Frühestens im Sommer 2006 würde das System reformiert, allein: es scheint schon beschlossene Sache. Schließlich bezeichnet auch Tripcke Auf- und Abstieg als "Anachronismus". In einer "sicher notwendigen Abwägung von Für und Wider" sprächen "nur sporthistorische Argumente" für eine Beibehaltung der derzeit angewandten Praxis. Seit vier Jahren ist die DEL offen für Teams, die auf sportlichem Weg aus unteren Ligen nachrücken, doch nun sollen aber wieder wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund stehen.
So sollen künftig Situationen vermieden werden, wie sie derzeit herrschen. Der sportliche Absteiger Kassel Huskies hofft noch auf den Klassenerhalt, falls Wolfsburg die Lizenz entzogen wird. Die bis Jahresende befristete Ausnahmegenehmigung für die Grizzly Adams, seine Heimspiele im nur 2700 Besucher fassenden Eisstadion am Allerpark auszutragen, wird wohl nicht verlängert. Da sich aber der Baubeginn einer neuen Multifunktionshalle seit Monaten verzögert, droht den Niedersachsen per Gesellschafterbeschluß im Juni der Ausschluß aus der DEL. Die neue Halle wird indes nur gebaut, wenn der Wolfsburger Ligaverbleib gesichert ist. Deshalb sieht Tripcke die Liga in einem Teufelskreis, den man nur durch eine Rückkehr zu einem geschlossenen System durchbrechen könnte: "Der wirtschaftliche Druck auf die Klubs wird immer größer", sagt Tripcke, "hätte Wolfsburg Planungssicherheit, würde die neue Halle wohl längst gebaut werden."
Widerstand gegen eine Rücknahme der Auf- und Abstiegsregelung droht der DEL von Seiten der Eishockeyspielbetriebsgesellschaft mbH (ESBG), zuständig für die unteren Ligen. Deren Geschäftsführer Helmut Bauer sagt: "Für diesen Fall wäre ein neues Kapitel Streit aufgeschlagen. Das riesige Interesse der Fans an Abstiegs- und Aufstiegsspielen zeigt eindeutig, daß amerikanische Verhältnisse nicht gewünscht sind." Dort ist der sportliche Auf- oder Abstieg längst Vergangenheit.
Artikel erschienen am Mi, 27. April 2005